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In den letzten Jahren kam es in der Öffentlichkeit immer wieder zu erschreckenden Berichten über den grausamen Umgang beim Transport von lebenden Tieren. Das Fernsehen und die Presse berichteten mit drastischen Bildern über die schreckliche Behandlung von Schlachttieren auf dem Transportweg in fremde Länder. Ist unserer Bevölkerung wirklich entgangen, was täglich auf unseren Straßen mit den Tieren passiert?
Nachfolgend möchte ich das Problem der Tiertransporte auf Europas Straßen näher betrachten.
Fakten zu den Tiertransporten auf Europas Straßen: Jährlich werden fast 20 Millionen Nutztiere quer durch die Europäische Union transportiert. Rechnet man das Geflügel dazu, kommt man auf eine Zahl von etwa 250 Millionen Schlachttiere. Oft ist diese Tour an den Außengrenzen der Gemeinschaft nicht beendet. Für etliche hunderttausend Rinder und Schafe heißt dies ein brutales Verladen in Frachtschiffe und Weiterfahrt in den Nahen Osten. Den Tieren wird oftmals mit Knüppeln und elektrischen Viehtreibern "Beine gemacht". Schwerverletzte Tiere werden mit Flaschenzügen verladen.
Zahlen im Einzelnen: · 250.000 Pferde pro Jahr werden vor allem nach Frankreich und Italien gekarrt. Die meisten kommen aus Polen und der ehemaligen UdSSR. · 4 Millionen Rinder sind jährlich auf unseren Straßen unterwegs. Ihr Weg führt unter anderem in den Libanon, in die Türkei oder nach Libyen. Allein Deutschland exportierte im Jahr 1995 184.415 Schlachtbullen in diese drei Länder. Grund hierfür sind die EU-Prämien.
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48 Millionen Schweine werden
pro Jahr zu weit entfernten Schlachthöfen
· 7
Millionen Schafe müssen den langen Weg auf Europas Straßen antreten. Ein
Millionen Tiere kommen in
erbärmlichen Zustand an oder überleben diese Tortur nicht. Dort wartet auf die Tiere häufig der grausame Tod durch Schächten.
Gründe für die Tiertransporte: Preisfrage: Jedes Nutztier wird mindestens einmal in seinem Leben transportiert - zum Schlachthof. Die Fahrt dorthin wurde mit der Schließung vieler kleiner Schlachthöfe in den letzten Jahren immer länger. Wie lange die letzte Fahrt eines Tieres dauert, wird von der Nachfrage und dem Preis bestimmt, der an den jeweiligen Schlachthöfen gezahlt wird. So kann es beispielsweise für einen norddeutschen Mäster lohnend sein, in Bayern schlachten zu lassen, weil da gerade ein paar Pfennige mehr für das Kilo Fleisch bezahlt werden. Im ungünstigsten Fall geht die Reise ins Ausland. Schätzungsweise 250 - 300 Millionen Schlachttiere (Rinder, Schweine, Schafe, Ziege, Geflügel) sind jedes Jahr auf Europas Straßen unterwegs.
Von einem Hof zum andern: Im Zuge der industriellen spezialisierten Tierhaltung werden aus dem einen Transport leicht 2 oder 3 Transporte. Beispiel hierfür ist die Schweinemast. Sogenannte "Ferkelerzeuger" halten die Zuchtsau und "produzieren" die Ferkel, die direkt nach der Geburt verkauft werden. Dann geht´s in den "Aufzuchtbetrieb", der die Ferkel nur bis zu einem gewissen Alter hält, und schließlich in den "Mastbetrieb", wo die Tiere bis zu ihre Schlachtung bleiben (es gibt natürlich auch noch Betriebe, die ihre Tiere von der Geburt bis zur Schlachtung halten, sogenannte "geschlossenen Betriebe"). Die Wegstrecke zwischen den einzelnen Stationen kann unter Umständen sehr lang sein. So importieren spezialisierte Betriebe aus Spanien Ferkel oder Kälber zur Mast, unter anderem aus Deutschland. Für Tiere, die zur Mast in andere Länder transportiert werden, kann dies ein härteres Schicksal bedeuten, als sie es ohnehin hätten, wenn sie in Deutschland aufgezogen werden würden. In Deutschland gibt es zur Haltung von Schweinen, Kälbern und Legehennen Verordnungen, die zwar aus Tierschutzsicht nicht ausreichen, zum Teil aber über den europäischen Standard hinausgehen. Den Kälbern, die Deutschland jedes Jahr exportiert, kann beispielsweise das Leben in einer dunklen Mastbox blühen, in der sie sich kaum bewegen können, ohne Kontakt zu Artgenossen. ein Haltungssystem, das mittlerweile in Deutschland verboten ist.
Subventionspolitik: Für Aufregung und Entsetzen in der Öffentlichkeit sorgten vor allem Bilder von Rindertransporten aus der EU in Drittländer sowie der Kälbertourismus, den die sogenannte Herodesprämie verursacht hat. in beiden Fällen finanzieren die EU-Gelder eine unverantwortliche Tierquälerei. In der EU gibt es schon seit Jahren eine großen Überschluß an Rindfleisch subventioniert werden. Neben diversen Vergünstigungen für Landwirte gibt es die sogenannte Bullenprämie in Höhe von 263 DM pro Tier. Auch die Mutterkuhprämie fördert die Rindfleischerzeugung, geht im Gegensatz zur Bullenprämie jedoch an tierfreundliche Haltungssysteme. Den auf diese Weise geförderten Überschuß kauft die EU auf, um ihn für viel Geld in Kühlhäusern einzulagern. Aber auch der Export lebender Schlachttiere wurden und wird großzügig Subventioniert. Bis zu 800 DM zahlte die EU 1996 für die Ausfuhr eines Schlachtbullen. Insgesamt zahlte die EU rund 562 Millionen DM Exporterstattung für lebende Rinder 1996. Mittlerweile wurde die Höhe der Exporterstattung für lebende Rinder gesenkt, ist aber immer noch hoch genug, um den Transport zu weit entfernten Zielorten rentabel zu machen.
Gründe für den Lebendexport in Drittländer sind: · Am Zielort wird das Fleisch frisch geschlachteter Tiere bevorzugt. · Es gibt keine ausreichenden Kühlkapazitäten am Zielort.
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Am Zielort ist die Schlachtung
billiger und es werden Teile vom Tier verwertet,
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Am Zielort wird aus religiösen
gründen nur Fleisch von geschächteten Tieren
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Der Lebendtransport ist unter
Umständen billiger (Kühlfahrzeuge sind relativ · Einfuhrzölle sind für Fleisch höher als für lebenden Tiere (Türkei)
Die Unsinnigkeit der Subventionspolitik der EU läßt sich am Beispiel einer sogenannten Verarbeitungsprämie, unter Kritiker auch als Herodesprämie bekannt, erkennen. Um den europäischen Rindfleischmarkt zu entlasten hatte die EU 1996 beschlossen, in Frankreich, Portugal, Großbritannien und Irland für die Tötung eines Kalbes unter 20 Tagen zwischen 230 DM und 290 DM zu zahlen. Bedingung war, daß das Fleisch nicht für den menschlichen Verzehr bestimmt wurde, sondern in Tierkörperverarbeitungsanlagen wanderte. Diese Maßnahme führte dazu, daß bis Januar 1997 ca. 120.000 deutsche Kälber zu diesem Zweck nach Frankreich transportiert wurden.
In Deutschland beispielsweise war ein Milchkalb bei Einführung dieser Prämie 1996 für etwa 150 DM zu haben, so daß "clevere" Viehhändler die Tiere aufkauften und zur Vernichtung nach Frankreich karrten. Ein lohnendes Geschäft bei etwa 300 Kälbern pro Fuhre. Die "Sondermüll-Kälber" wurden nicht immer, wie bei regulären Schlachtungen, betäubt sondern, um Geld zu sparen, zum Teil erschlagen.
Transportbelastung: Ganz egal aus welchem Grund Tiere transportiert werden, für die Tiere ist es immer eine große Belastung. Transporte bedeuten Streß und Angst für die Tiere, die aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen, von bekannten Artgenossen und vertrauten Betreuern getrennt werden. Im Transportfahrzeug werden sie mit fremden Artgenossen konfrontiert, was zu Kämpfen und Rangeleien der Tiere untereinander führen kann. Das Motorengeräusch und der schwankende Fahrzeugboden ängstigen die Tiere. Verletzungen durch Panik und/oder Aggressionen sind nicht selten. Bei tage- und wochenlangen Fahrten kommen Bewegungsmangel, Hunger und vor allem Durst hinzu, wenn, wie oft beobachtet, die vorgeschriebenen Versorgungsintervalle nicht eingehalten werden. Brütende Hitze im Sommer und eisige Kälte im Winter verschärfen die Leiden der Tiere bei Langzeittransporten. Von einer langen, entbehrungereichen Fahrt erschöpfte Tiere sind besonders beim Umladen in andere Fahrzeuge oder auf Schiffe in Gefahr, zu stürzen und sich Knochenbrüche und andere schwere Verletzungen zuzuziehen. Brutale Verlademethoden quälen die Tiere zusätzlich. Aus den genannten Gründen überleben viele Tiere den Transport nicht. Da die Ausfuhrerstattung für Rinder nur für Tiere gezahlt wird, die lebend aus der EU ausgeführt werden, verschifft man in den südeuropäischen Häfen auch kranke und verletzte Tiere, die eigentlich nicht mehr transportfähig sind.
Seuchengefahr: Ein nicht zu vernachlässigender Seiteneffekt ist die Seuchengefahr, die von Tiertransporten ausgeht. Der weit verbreitete "Ferkeltourismus" kann als mit verantwortlich für die Verbreitung der Schweinepest angesehen werden. Jüngstes lokales Beispiel ist das Auftreten der Infektiösen Anämie beim Pferd in Bayern. Die ansteckende, tödliche Krankheit wurde wahrscheinlich durch ein rumänisches Schlachtpferd eingeführt, das in Bayern weiterverkauft worden war. Zur Inhaltangabe
Die Tierschutztransportverordnung: Als Reaktion auf die Medienberichte über grausame Ferntransporte von Schlachttieren verschärfte die EU zuletzt 1995 die Richtlinien zu Tiertransporten. Die neuen Richtlinien wurden im Februar 1997 in Deutschland mit der Tierschutzverordnung umgesetzt. Im wesentlichen beinhaltet sie zaghafte Beschränkungen der Transportdauer einzelner Tiere und schreibt vor, in welchen Intervallen die Tiere zu versorgen sind.
Im einzelnen: Kälber bis 6 Monate, Schlaf- und Ziegenlämmer bis 3 Monate, Ferkel bis zu einem Lebendgewicht von 30 kg: 9 Stunden Fahrt, 1 Stunden Pause mit Tränken, 9 Stunden Fahrt, dann 24 Stunden Pause, Tiere müssen entladen, gefüttert und getränkt werden. Danach kann die Prozedur wiederholt werden.
Schweine über 30 kg: 24 Stunden Fahrt, sofern die jederzeit Zugang zu Trinkwasser haben. Danach 24 Stunden Pause. Tiere müssen entladen, gefüttert und getränkt werden. Danach kann die Prozedur wiederholt werden.
Pferde, ausgenommen Renn- und Turnierpferde: 8 Stunden Fahrt, danach tränken und wenn notwendig füttern. Nach höchstens 3 Transportphasen 24 Stunden Pause. Tiere müssen entladen, gefüttert und getränkt werden. Danach kann die Prozedur wiederholt werden.
Andere Nutztiere: 14 Stunden Fahrt, danach 1 Stunden Pause. Tiere müssen getränkt, wenn notwendig muß gefüttert werden und die Einstreu ergänzt werden. Dann nochmal 14 Stunden Fahrt. Nach 2 Transportphasen 24 Stunden Pause. Tiere müssen entladen, gefüttert und getränkt werden. Danach kann die Prozedur wiederholt werden.
Was bringen die neuen EU-Richtlinien? Selbst wenn die Verordnungen bzw. die EU-Richtlinien zu Tiertransporten eingehalten werden würden, wäre dies nur begrenzt eine echte Verbesserung für die Tiere. Eine Reihe von Umständen kann dazu führen, daß die Tiere die vorgeschriebene Versorgung und die Pausen während der Fahrt nicht nutzen. So werden Tiere durch den Transport derart in Panik versetzt, daß sie während einer kurzen Pause keine Nahrung oder Wasser zu sich nehmen. Schafe trinken erst 2 Stunden nach der Nahrungsaufnahme. Zu diesem Zeitpunkt geht die Fahrt womöglich schon wieder weiter. Junge Kälber müssen regelmäßig mit Milchaustauschern versorgt werden. Zur Aufnahme der Flüssigkeit sind die Tiere im heimischen Betrieb an bestimmt Tränkevorrichtungen gewöhnt worden, die sich von denen auf dem LKW beziehungsweise in der Versorgungsstation möglicherweise unterscheiden. In diesem Fall können Tiere nichts mit der Tränke anfangen und bleiben unversorgt. Tränkevorrichtungen auf den Fahrzeugen können oft nicht von allen Tieren erreicht werden oder sind nicht aufgefüllt bzw. funktionieren nicht. manchen Tränkevorrichtungen bergen Verletzungsgefahr.
Problem Versorgungsstation: Damit die Tiere bei längeren Transporten unterwegs versorgt werden können, müssen Versorgungsstationen eingerichtet werden, die per EU-Richtlinien geregelte Ausstattung aufweisen. Diese Versorgungsstationen sollten in "ausreichender Zahl" bis Ende 1998 vorhanden sein. Ein Zeitplan der wohl nicht eingehalten werden kann.
Kontrollen und ihre Schwachpunkte: Bei grenzüberschreitenden Transporten, die voraussichtlich mehr als 8 Stunden dauern, muß der Transport inklusive Transportplan (Zwischenstops, Ruhezeiten, etc.) dem zuständigen Amtsveterinär gemeldet werden, der die Tiere dann auch anschaut. Die ersten Kontrolle findet somit am Verladeort statt. Werden die Tiere aus Drittländern in die EU eingeführt, findet beim Eintritt in die EU eine Kontrolle statt. Neuerdings muß jedes Tier ausgeladen werden, sofern es sich um Einhufer oder Klauentiere handelt. Auch hier muß ein Transportplan vorgelegt werden, aus dem der bisherige Weg der Tiere hervorgeht. Die Tiere dürfen nur dann eingeführt werden, wenn die EU-Bestimmungen (Ruhezeiten) auch schon vor dem Eintritt in die EU eingehalten wurde. Hier gibt es auch schon die ersten Schwierigkeiten in puncto sichere Kontrolle. Denn die Bescheinigung etwa über Transportzeiten und Ruhepausen sind nicht selten gefälscht. Nach Eintritt in die EU muß der Transporteur nach der Anfangsuntersuchung nur noch mit stichprobenartigen Kontrollen rechnen. Dabei fürchten die Fahrer eher Überprüfungen ihrer eigenen Fahrtzeiten hinterm Steuer als eine Kontrolle der Transportzeiten der Tiere. Die Fahrt- und Versorgungszeiten der Fahrer stimmen nicht mit den Versorgungszeiten der geladenen Tiere überein. Bei Ankunft am Zielort sollte die letzte Kontrolle erfolgen, ebenfalls bei Verlassen der EU. In diesem Fall sollte ein Veterinär die Tiere auf ihre Transportfähigkeit überprüfen. Gerade letzteres wird erfahrungsgemäß äußerst lasch gehandhabt. In den Verladehäfen am Mittelmeer werden immer wieder Tiere verladen, die nicht aus eigener Kraft an Bord der Schiffe gelangen können und dann per Seilwinde oder mit dem Gabelstapler an Bord gehievt werden.
Der Vollzug der neuen Tierschutzverordnung ist Ländersache. Die einzelnen Bundesländer legen bei ein er möglichst effektiven Ausgestaltung der Kontrollen sehr unterschiedlichen Ehrgeiz an den Tag. So erwerben in Schleswig-Holstein beispielsweise engagierte Polizisten den Sachkundigennachweis zum Tiertransport, um so bei Kontrollen den Zustand der Tiere besser beurteilen zu können. Andererseits mußte in einem anderen Bundesland ein Tierschützerteam die Polizeibeamten erst über die Existenz der neuen Tierschutzverordnung aufklären. Insgesamt sind die Kontrollen innerhalb der EU eher eine Seltenheit. So wurde ein Bezirkspräsident des Bayrischen Bauernverbandes in einer Fachzeitschrift mit folgender Aussage zur Tierschutzverordnung zitiert: "Würde die Verordnung in allen Punkten Anwendung finden, so wäre dies das Ende aller lebend Transporte." Der Vorsitzende der Tierärztlichen Vereinigung Tierschutz (TVT), schätzt, daß nur etwa 20% der Tierschutzverordnung tatsächlich umgesetzt wird. auch die relativ große Zahl der Subventionsbetrügereien weißt auf mangelnde Kontrollen hin. (Die EU geht von 80 Millionen DM ungerechtfertigt gezahlter Subventionen zwischen 1990 und 1995 aus).
Fazit: Die bestehenden Gesetze sind aus Tierschutzsicht unzureichend, da bezweifelt werden muß, daß ein Langzeittransport wirklich tiergerecht durchgeführt werden kann. Zudem werden die vorhandenen Bestimmungen nicht ausreichend kontrolliert und können daher nicht greifen. Eine Abhilfe kann nur eine starke Einschränkung der Lebendtransporte schaffen. Dies wäre nur erreichbar, durch:
· Einstellungen sämtlicher Subventionen für lebend Transporte · Reduzierung der maximalen Transportdauer auf 4 Stunden · Verbot grenzüberschreitender Schlachttiertransporte.
Des weiteren wäre es sinnvoll daß sich die Endverbraucher beim Kauf der Fleischprodukte für die Herkunft interessiert. Es hat sich immer gezeigt, daß der Verbraucher eine große Einflußmöglichkeit besitzt. In Zusammenarbeit des Verbrauchers mit der öffentlichen Presse wäre einen positive Beeinflussung der Transportbedingungen sicherlich möglich.
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